Tatort Neu-Hessen! Da legt man in der nahen Zukunft nichts böses ahnend ein kleines Päuschen vor einer überdimensionierten Werbetafel ein und ist wenige Stunden später nicht mehr der so ganz der Alte. Willkommen in der dystopischen Welt von Syndicate!
In der Rubrik Intro-Spektive stellt Daniel Cloutier die Intros bekannter Retrospiele vor – und was sie besonders gemacht hat.
Das Intro zu Bullfrogs Cyberpunk-Klassiker aus dem Jahr 1993 beginnt mit einem Blick auf eine nächtliche Straßenszene. Kleine Grüppchen stehen auf einem straßennahen Platz verteilt, futuristisch anmutende Autos gleiten über die Straße und eine Hochbahn fährt links an der Kamera vorbei. Schon die erste Szene zeigt die Stärken des Intros: Stilvoll eingesetzte, gerenderte Fahrzeuge in einer mit gekonntem Lichteinsatz inszenierten, atmosphärischen, belebten Umgebung. Düstere Synthesizer-Musik mit Marschrythmus sorgt für eine gefährliche Grundstimmung.
Doch zurück zur Geschichte: ein Mann im Trenchcoat und mit Hut (hardboiled Cyberpunk!) steht nichtsahnend auf dem zuvor in der Totale gezeigten Platz, im Hintergrund startet ein Fahrzeug….
…das direkt auf den Mann zusteuert und ihn eiskalt anfährt! Dabei werden unterschiedliche Daten zur Zielperson angezeigt. Wurde das Opfer etwa handverlesen angegriffen?
Den Unfall selbst zeigt das Intro aus einer Art futuristisch-minimalistischen Kommandozentrale mit halbtransparenten, grünen Displays (die Zukunft in den 90ern) und einem anonymen Mann im Ledersessel. Der Aussicht nach befindet sich der Raum in einem Hochhaus oder Turm, im Hintergrund sind Wolkenkratzer mit großen Werbemonitoren zu erkennen.
Der verletzte Mann wird vor den Augen einer kleinen Menschengruppe in das Fahrzeug eingeladen…
… und in einen gigantischen Konzernbau gefahren, auf dessen Vorplatz militärische Ausrüstung umherfährt. Die Spannung steigt, die Atmosphäre bleibt die gesamte Zeit über düster und bedrohlich.
Der verletzte Mann wird so wie der Vitruvianische Mensch in die passend benannte Leonardo-Maschine gespannt. Sie ersetzt sein durch den Unfall zerstörtes Bein, überzieht den Mann komplett mit einer künstlichen Schutzhaut und implantiert einen Mikrochip.
Am Ende landen das Ergebniss der Umwandlung auf dem grünen Display in der futuristischen Kommandozentrale, alle Werte befinden sich offenbar im gewünschten Bereich.
Zynischerweise wird der Mann am gleichen Platz wieder aufgestellt (oder Bullfrog konnte so mit geringem Aufwand eine weitere Szene erstellen) um auf einen Auftrag für eine Mission zu warten…
…die noch am Ende des Intros gestartet wird: Sind wir das Ziel?
Das Intro ist ein Kind seiner Zeit, mit gerenderten Umgebungen und Gegenständen sowie eingeschränkter Dynamik der Kamerafahrten. Dennoch schafft es der Einstieg, die dystopische Cyberpunk-Stimmung von Syndicate wunderbar einzufangen. Von Anfang bis Ende herrscht ein Gefühl von Hoffnungslosigkeit und Unterdrückung in einem zynischen Setting, was sich nach dem Intro auch nahtlos im Spiel fortsetzt.