Intro-Spektive: The Chaos Engine
Die Erwartungen waren hoch, als die Bitmap Brothers im Frühjahr 1993 ein neues Spiel für den Amiga veröffentlichten. Das zwei Jahre zuvor erschienene Magic Pockets hatte angesichts der hochklassigen anderen Titel des Studios wie Xenon 2, Speedball 2 und Cadaver als eher schwacher Streich gegolten. Und Chaos Engine? Schauen wir es uns an: Koop-Partner wählen, Waffen nachladen und ab in den Kampf gegen Baron Fortesque!
In der Rubrik Intro-Spektive stellt Daniel Cloutier die Intros bekannter Retrospiele vor – und was sie besonders gemach hat.
Bevor wir uns, am besten natürlich zu zweit, durch das Spiel ballern, dürfen wir ein exquisit gepixeltes Intro genießen. Es startet mit der Einblendung des Titels in markanter Schrift. Auffällig hier: Als Erscheinungsjahr wird 1992-3 angegeben. Abgesehen von der eigensinnigen Schreibweise eine eher seltene Zuschaustellung einer langen Entwicklungszeit.
Parallel dazu hören wir treibende Beats der britischen Band Joi, die mit den rhythmischen Jungle-Beats auf den exotischen ersten Level einzustimmen vermag. Drei eher nüchterne Textseiten erläutern das Setting und gehen auf die alternativhistorische Bedrohung ein:
Ein verrückter Wissenschaftler. Eine bizarre Maschine, die sich gegen ihren Erfinder stellt. Zeit und Raum, die von letzterer durcheinander gebracht wird. Um die drohende Gefahr zu unterstreichen, zeigt uns das Intro in der Folge eine berühmte Szene.
Ein gigantischer T-Rex – der schlaff heraushängenden Zunge nach glücklicherweise verschieden – liegt inmitten einer Ausgrabung, innerhalb derer sich unzählige Forscher und Ingenieure tummeln. Seilzüge wurden errichtet, ein Zelt hastig aufgeschlagen, eine Lastenkutsche steht für Lieferung und Abtransport bereit. Das alles ist im bekannten, plastisch-organischen Pixelstil des Bitmap-Brothers-Hausgrafikers Dan Malone gezeichnet.
Im Anschluss stellt uns das Spiel die sechs wählbaren Charaktere vor (jeweils hintereinander, die obige Abbildung ist eine Collage), von denen später jeweils zwei im Koop gegen Unmengen an Gegnern auf der britischen Insel kämpfen.
Dan Malone führte an, die Welt des Spiels sehe aus, als habe es eine nukleare Apokalypse im viktorianischen Zeitalter gegeben. Und tatsächlich: Man fühlt sich auch nach dem Intro zurückversetzt in ein alternativ-historisches Szenario um die vorletzte Jahrhundertwende herum – ganz so wie in einem fantastischen Setting von Jule Verne und mit einer ordentlichen Portion Steampunk. Selbst der Titel ist eine Anspielung auf das genrebegründende Werk The Difference Engine von Bruce Sterling und William Gibson aus dem Jahr 1990. The Chaos Engine fällt damit in eine Reihe retrofuturistischer Spiele wie Fallout oder Bioshock, in dem es auf den damaligen Technologien und mit einer gehörigen Portion Fantasie die grenzen des zukünftig Möglichen auslotet.
Das Intro ist mit den wenigen Standbildern nicht das spektakulärste seiner Zeit. Es liefert aber alles, was die Vorfreunde auf das Spiel steigen lässt. Bemerkenswert damals wie heute sind der wunderschön gepixelte T-Rex und die erstklassige Musik. Ein würdiges Intro für einen späten Amiga-Klassiker.