Nach Doom war die Gaming-Landschaft eine andere: Ego-Shooter schossen schneller aus dem Boden, als man “iddqd” tippen konnte und auch im Hause LucasArts schickte man sich an, einen eigenen Titel mit Star-Wars-Lizenz in die Arena zu schicken. Knapp 30 Jahre später gibt’s nun das Remaster von Dark Forces – in 4K und 120 FPS!
Dieser Web-Beitrag ist eine Ergänzung zum Dark-Forces-Artikel in Retro Gamer 2/24, denn das Remaster erscheint am heutigen 28. Februar und damit mehr als drei Wochen nach dem Druck des Hefts. Uns stand für diesen Test eine vollständige Vorabversion zur Verfügung.
Ich gebe zu: Dark Forces konnte mich damals, also 1995, nicht für sich gewinnen. “Is’ halt Doom mit Star-Wars-Flair”, lautete mein Vorurteil, an dem auch die spätere Indizierung (damals für heranwachsende Gamer ja eine Art Gütesiegel) nichts ändern konnte. Das lag nicht daran, dass ich nichts für First-Person-Shooter oder Star Wars übrig hatte, vielmehr war ich im zeitgleich erschienenen Descent versunken und sauste lieber kopfüber und in echtem 3D durch Weltraum-Minen. Kyle Katarns Abenteuer fand für mich dagegen nur als Randnotiz statt, wozu auch die 83%-Wertung in der Power Play 5/95 beitrug. Die hervorgehobenen Unterschiede zu Doom klangen zwar spannend: Auf- und Abblicken, Ducken und Springen hatte ich mir an vielen Stellen im ID-Shooter gewünscht – letztendlich investierte ich mein hart erspartes Taschengeld aber lieber in Spiele mit einer höheren Gesamtwertung und gab dem LucasArts-Shooter erst einige Jahre später eine Chance, spielte ihn allerdings nicht durch. Setting und Präsentation sagten mir wie erwartet zu, der im Vergleich zu Doom deutlich höhere Rätselanspruch ebenfalls, einzig die klobige Darstellung der Charaktere in den Zwischensequenzen gefielen mir so gar nicht und letztendlich hakte ich das Spiel rasch als netten Klon ab.
Mit dieser Doom-Klon-Haltung ging ich auch das Remaster von Nightdive Studios an. Dieser Entwickler hat sich, siehe auch den Heftartikel, auf für moderne Systeme angepasste Fassungen alter Spiele spezialisiert und auch schon einige Shooter-Klassiker wie Turok, Quake II oder Doom 64 modernisiert. In der Regel hat Nightdive dabei gute bis sehr gute Arbeit geleistet. Einzig der Enhanced Edition des Westwood-Adventures Blade Runner schlug eine Welle der Empörung entgegen, Audioprobleme und ruckelige Videos konnten dem stimmungsvollen Cyberpunk-Adventure nicht gerecht werden. Wo ordnet sich also Dark Forces im Nightdive-Studios-Ouevre ein? Wohlgemerkt: Ein komplettes Remake wie beim 2023er Großwerk System Shock war nie der Plan.
Erfreulicherweise lautet die Antwort: im oberen Segment. Die Vermengung von klassischem Spiel und modernem Gameplay erfolgte mit jeder Menge Respekt vor der Vorlage und bringt zahlreiche sinnvolle Erweiterungen mit. Die Anzeige-Otionen für moderne Monitore sind vielfältig, dank 4K-Darstellung, Breitbildformat, 120 FPS und hochauflösenden Texturen wird Dark Forces ein ordentliches Facelifting verpasst. Aber eben auch nur ein Facelifting – erwartet keine moderne Grafik, zugrunde liegen immer noch die Sprite-Modelle des Originals, keine 1000-Polygon-Figuren wie aus modernen Hochglanz-Shootern.
Auch die Zwischensequenzen wurden neu gerendert. Die Großaufnahmen der comichaften Charaktere treffen allerdings noch immer nicht meinen Geschmack und obwohl besonders die Abschnitte in Innenräumen von der höheren Auflösung profitieren, sind viele der Außenareale nach wie vor sehr trist. Bei der Vertonung gibt’s dagegen keine Klagen, die Soundotionen ermöglichen General MIDI oder OPL3-Klänge.
So spielt sich Dark Forces Remaster
Die modernisierte Steuerung ist für mich der wahre Game-Changer. Schon das Original bot die Möglichkeit, den Blick zu heben oder zu senken – wohlgemerkt, ein Novum, bei Doom ging das nicht, und man feuerte immer nur auf der X-Achse, die Y-Achse übernahm quasi das Programm. Nur erfolgte die vertikale Blickwinkel-Änderung beim Original-Dark-Forces noch umständlich via Tastendruck oder Mausbewegung – und war dank automatischer Zielerfassung (siehe Doom) nur selten nötig. Die Remaster-Version setzt nun auf zeitgemäße WASD- und Maus-Steuerung, die einen nahtlosen Rundumblick ermöglicht und eine echte Spielverbesserung darstellt. Im Gegenzug wird auch vom Spieler mehr Einsatz gefordert, statt der großzügigen Zielunterstützung aus dem Jahr 1995 wird nun via Fadenkreuz gezielt.
Unter der feingetunten Steuerung schlummert aber natürlich noch immer das alte Spiel und das kommt mit modernen Shootern natürlich nicht mit. Viele Spielabschnitte wirken leer, besonders die abgeschiedenen Eis- und Felseinöden sind genau das: öde. Die KI der Gegner kann ebenfalls nicht mit heutigen Maßstäben mithalten: Feinde drehen uns munter den Rücken zu und schrecken auch nicht vor Friendly-fire zurück. Star-Wars-Fans mögen jetzt argumentieren, dass das exakt dem Intellekt eines durchschnittlichen Sturmtrupplers entspricht und die taktische und zielerfasserische Inkompetenz eines imperialen Kanonenfutter-Soldaten sehr authentisch simuliert wird. Aber die spielerische Konsequenz ist, dass sich abseits der schieren Feindesmasse wenig Herausforderung ergibt.
Auch auf anderer Ebene ist man heutzutage mehr Lametta gewöhnt: Pompöse inszinierte Zwischensequenzen, nervenaufreibende Reaktionstests, taktische Herausforderungen und markerschütternde Explosionen sucht man vergebens. Man merkt einfach, das Dark Forces damals einen Weg beschritt, der im Laufe der Jahre zu einer fünfspurig-ausgebauten Autobahn mit augenschonender Beleuchtung und jeder Menge Rastmöglichkeiten heranwuchs. Aber damals war es eben noch ein Trampelpfad…
Neuer Level und sonstige Bonusinhalte von Dark Forces Remaster
Die Frage ist, ob ihr Dark Forces Remaster überhaupt braucht, denn für viele seiner “Neuerungen” existiert mit der “Force Engine” schon länger eine Alternative. Diese kostenlose Fananpassung ermöglicht viele Modifikationen an der Optik und Steuerung. Sie lässt sich leicht mit der physischen CD-Fassung oder der günstig auf Steam und GOG erhältlichen digitalen Version des Originals kombinieren. Wer also das Original schon besitzt, sollte am besten mal einen Blick auf diese Mod riskieren, bevor er frisches Geld für Dark Forces Remaster ausgibt.
Dafür bietet Dark Forces Remaster mit dem “Tresor” ein Highlight, das die Fanversion nicht vorweisen kann. Die verschiedenen kleinen Einblicken in die Spielentwicklung, die sowohl Bilder, kleine Videos und Begleittexte sind eine schöne Ergänzung der Spielerfahrung. Besonders sticht hier der spielbare Bonuslevel hervor. Dieser führt uns an Bord eines Sternenzerstörers und war vormals Teil der CES-Demo, einige Elemente wurden an anderer Stelle in das finale Spiel integriert. Ursprünglich war dieser Abschnitt einst als Einstiegslevel vorgesehen, wurde aber als zu knifflig empfunden und ausgetauscht. Toll, dass er von Nightdive Studios wiederentdeckt und spielbar gemacht wurde!
Hier die Liste der enthaltenen Boni:
- Infos zu Spielentwicklung (15 Inhalte)
- Concept Art (7 Inhalte)
- Entwicklung der Zwischensequenzen (6 Inhalte)
- Vorgerenderte Bilder (8 Inhalte)
- der erwähnte spielbare Bonuslevel
Diese Sammlung an Bonus-Content ist das große Highlight von Dark Forces Remaster. Für Fans ist das Archiv eine wahre Goldgrube, mit dem Bonuslevel als funkelndes Kronjuwel. Dark Forces Remaster ist seit heute für PC, Switch, PS5, PS4, Xbox Series X|S und Xbox One erhältlich (aktueller Preis: 28,99 Euro).
Meinung: Hardy Heßdörfer
Nach all den Jahren hat mich das Remaster nun doch noch an Dark Forces herangeführt, denn wie erhofft hat Nightdive Studios wieder sehr gute Arbeit geleistet und der Vorlage Respekt gezollt. Ich finde, dass der Spagat zwischen Retro-Erwartung und modernem Anspruch gut gelingt – erwartet aber um Himmels Willen kein an moderne Standards angepasstes Spiel, weder grafisch noch spielerisch. Das heißt aber nicht, dass die Story keinen Reiz mehr entfalten würde oder das Geballere keinen Anspruch hätte. Es kommt nach wie vor Star-Wars-Flair auf! Es ist aber eben alter Wein in neuen Schläuchen und kein hipper Partycocktail.
Nightdive Studios hat ein der Vorlage würdiges Remaster geschaffen, das natürlich auch den Wunsch nach angepassten Neuauflagen einiger weiterer LucasArts-Shootern weckt. Die in Dark Forces verwendete Jedi Engine kam immerhin auch im Western-Epos Outlaws zum Einsatz und in der Fortsetzung Jedi Knight entdeckte Kyle Katarn die in ihm schlummernde Macht. Dort gab es auch Netzwerkunterstützung, was ich im Remaster von Dark Forces weiterhin schmerzlich vermisse.
Ob euch als Kenner des Originals die – spielerisch bis auf die Bedienung unveränderte – Neu-Version knapp 30 Euro wert ist, könnt ihr natürlich nur selbst entscheiden. Ich persönlich sehe beim Preis den größten Knackpunkt, für mich ist er bei aller Liebe einfach zu hoch angesetzt, um eine klare Kaufempfehlung auszusprechen.